Dann Informiere ich die Aufsichtsbehörde!

Irgendwann lesen Sie diesen scheinbar magischen Satz in einer E-Mail an Ihren Kundenservice. Oder Sie hören ihn am Telefon. Diesen magischen Satz, der Nervosität in Ihrem Unternehmen auslösen soll.

Ursache: Aus der Sicht Ihres Kunden ist etwas gehörig schiefgelaufen. Seit Inkrafttreten der DSGVO ist das Bemühen des Datenschutzes manchmal ein wenig das Äquivalent zu „Ich hole gleich meinen großen Bruder!“ – und mit dem über einem schwebenden Damoklesschwert „Bußgeld“, lässt diese Ansage das eine oder andere Unternehmen ordentlich schlucken. Was folgt wohl jetzt?

Manchmal wird aus der Ankündigung ernst, es meldet sich tatsächlich die Aufsichtsbehörde und fragt zu einem Sachverhalt nach.

Ein Grund für Panik?

Nein. Panik ist kein guter Ratgeber, selbst wenn an der Sache was dran sein sollte.

Wer sich beschwert, möchte in der Regel eine konkrete Reaktion der Behörde erreichen. Sie soll etwas verbieten, abstellen oder sanktionieren. Dass auf ein konkretes Tätigwerden der Aufsicht kein absoluter Anspruch besteht, ist durch die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Ansbach Ende letzten Jahres (VG Ansbach, Urteil vom 07.12.2020 – AN 14 K 18.2503, BeckRS 2020, 41160) zumindest vorläufig geklärt.

Nach dieser besteht nicht ohne Weiteres ein subjektiv-öffentliches Recht Betroffener auf weiteres Einschreiten einer Aufsichtsbehörde: Jedenfalls dann, wenn sich ein Verstoß gegen das Datenschutzrecht nicht aufdrängt, ist die Ablehnung eines aufsichtsbehördlichen Einschreitens nicht rechtswidrig.

Stein des Anstoßes war hier ein Sachverhalt privater Natur, nämlich die durch den Nachbar installierte Videoüberwachung. Nach einer Anzeige bei der Aufsichtsbehörde (die spätere Beklagte), prüfte diese den Fall, lehnte aber ein Einschreiten ab. Sie verwies den Beschwerdeführer (und späteren Kläger) an die Zivilgerichte, teilte aber mit, den Nachbarn (Kamerabetreiber) über die auf die rechtlichen Voraussetzungen für eine Videoüberwachung aufgeklärt und zum Ausdruck gebracht zu haben, dass eine unzulässige Videoüberwachung eine Ordnungswidrigkeit sei.

Der Kläger war mit dieser Reaktion nicht zufrieden und erhob daher Klage. Mit seinem Begehren, dass die Aufsichtsbehörde Maßnahmen gegen die Videoüberwachung ergreife, unterlag er. Das Gericht begründete die Klageabweisung mit dem Argument, dass die Aufsichtsbehörde ihr Ermessen hinreichend ausgeübt und mit dem Fall auseinandergesetzt habe. Der Kamerabetreiber legte nämlich der Behörde eine Bescheinigung des Installationsunternehmens vor, welches bestätigte, dass die Kamera in einer Art ausgerichtet sei, dass nur das eigene Grundstück überwacht wird. Eine solche Überwachung auf eigenem privatem Grund ist zulässig.

Da die Behörde keinen offensichtlichen Datenschutzverstoß erkannte, durfte sie weitere Maßnahmen ablehnen, wie das Gericht bestätigt:

„Ein Datenschutzrechtsverstoß des Verantwortlichen hat sich nicht aufgedrängt. […] Der Grundstücksnachbar hat gegenüber dem Kläger und gegenüber dem Beklagten ausführlich auf die Anfragen des Klägers reagiert und alle Auskünfte erteilt. […] Zwar ergeben sich aus Art. 58 Abs. 2 DS-GVO Ansprüche des Betroffenen auf fehlerfreie Ermessensausübung der Aufsichtsbehörde: diese hat aber ein weites Entschließungs- und Auswahlermessen. […] Der Beklagte hat ermessensfehlerfrei vom Ergreifen von Maßnahmen abgesehen, da seitens des Nachbarn keine erkennbaren Verstöße vorlagen. Bei Vorliegen von Verstößen wäre der Beklagte zur ordnungsgemäßen Ermessensausübung verpflichtet gewesen, ob und wie er einschreitet. Wenn nur Verdachtsmomenten vorliegen wie hier, besteht im Übrigen bereits ein Ermessen bezüglich der Art und Weise des Vorgehens bei den Ermittlungen der Aufsichtsbehörde.“

VG Ansbach, Urteil vom 07.12.2020 – AN 14 K 18.2503, BeckRS 2020, 41160, Rn. 41

Ein Grund zum Handeln?

Ja. Jedenfalls intern.

  1. Schauen Sie sich den Sachverhalt an, der Ihren Kunden dazu veranlasste, die Aufsichtsbehörde ins Spiel zu bringen.
  2. Legen Sie die relevante Korrespondenz hierzu gesammelt ab. Gegebenenfalls lohnt es sich, den Sachverhalt auch stichpunktartig chronologisch zusammenzufassen. Da Aufsichtsbehörden sich nicht immer unmittelbar mit Beschwerden von Betroffenen befassen und die Unternehmen zur Stellungnahme anschreiben, werden diese Maßnahmen Ihnen helfen, sich später innerhalb kürzester Zeit wieder in die Sache einlesen und die Anfrage der Behörden beantworten zu können.
  3. Wenn Sie einen Datenschutzbeauftragten bestellt haben: Leiten Sie das Schreiben an diesen weiter und stimmen mit ihm die Beantwortung ab.
  4. Wenn Sie bezüglich der Beantwortung unsicher sind, lassen Sie sich durch externe Experten unterstützen. Zum Beispiel durch mich.